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Reichweite und Ladedauer von Elektroautos - Wie weit kommt man mit einem Elektroauto und wie lange dauert das Laden?


Ein gängiges Vorurteil lautet, mit einem Elektroauto komme man nicht weit und das Laden dauere viel zu lange. Ein Diesel dagegen würde 1300 km durchfahren können ohne nachzutanken und ist in 5 Minuten wieder vollgetankt. Aber stimmt das? Wie weit kommt man mit einem Elektroauto wirklich? Und wie lange dauert das Laden?

Die Bedenken zu dem Thema sind verständlich, wenn man zu Grunde legt, wie bei fossilen Verbrennerfahrzeugen das Tanken vonstatten geht – nämlich ein- zweimal die Woche für einige Minuten. Allerdings: Wie lädt man denn sein Handy auf? Natürlich nicht ein- zweimal die Woche für einige Minuten, sondern jede Nacht im Schlaf! Und plötzlich erkennt man: Reichweite ist kein Wert an sich, sondern wichtig ist, dass das Auto zwischen zwei Ladungen so weit kommt, wie man damit fahren will.


Heute kann man sagen, dass die Mehrheit aller alltäglichen Fahrten und sogar Urlaubsfahrten rein elektrisch möglich sind, denn die Reichweiten von Elektroautos steigen jedes Jahr und auch das Laden geht immer schneller vonstatten. Heute wird seit der Entwicklung der 800V Technik im Auto in gerade mal 18 Minuten auf 80% geladen. Das heisst, man lädt in 18 Minuten 400 km Reichweite in den Akku (Hyundai 5/Kia EV6).

Um zu messen, wie weit ein Elektroauto fährt oder wieviel Kraftstoff ein Verbrenner verbraucht, gibt es vom Gesetzgeber genormte Prüfverfahren. Für die Typzulassung neuer Pkw gilt EU-weit seit dem 1. September 2017 das neue Testverfahren „Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“ (WLTP), welches das veraltete und ungenaue NEFZ-Testverfahren ablöst und realitätsnahe Daten liefert. HIER

Da der Testzyklus standardisierte Testferfahren nutzt, kann es bei Elektroautos allerdings auch zu Abweichungen kommen, denn die Ergebnisse sind von verschiedenen Faktoren abhängig. Die Wichtigsten sind: Aussentemperatur (Winter/Sommer), Akkutemperatur, Reisegeschwindigkeit und Heizung/Klimanutzung.

Genauso wie bei Verbrennerfahrzeugen steigt der Verbrauch bei höheren Geschwindigkeiten: Eine Verdopplung der Geschwindigkeit hat einen vierfachen Verbrauch zur Folge. Deswegen ist der CW Wert (Luftwiderstandswert) eines Elektroauto sehr wichtig, denn ein im Windkanal optimiertes Elaktroauto fährt sparsamer und effizienter. Ein VW ID3 mit 77kwh Akku beispielsweise schafft im Sommer bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 130 km/h eine Reichweite von 329 km, mit Tempo 110 sind es allerdings schon 411 km, mit Tempo 100 sogar 461 km. Ein Reichweitenrechner dazu HIER


HIER wurden verschiedene Elektroautos mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten getestet um die optimale Reisegeschwindigkeit und das beste Reisetempo zu ermitteln. 
Interessant dazu auch HIER und HIER 

Wichtig is es ausserdem zu wissen, dass Elektroautos besonders bei kälteren Temperaturen nicht ihre im WLPT-Test ermittelten Reichweiten erreichen können, sondern mit Reichweitenverlusten zwischen 10-30% zu rechnen ist. Hierbei spielt es jedoch eine große Rolle, ob der Akku beispielsweise vor dem Losfahren durch das Laden vortemperiert wurde und ob man nur kurze oder längere Strecken fährt. Denn bei Langstreckenfahrten wird der Akku grundsätzlich "warmgefahren" und an Schnellladestationen durch die Starkstromladung "warm geladen", so dass man selbst bei Fahrten im Winter nur einen geringen Reichweitenunterschied bemerkt (nur ca. 10%).

Den Mythos, Elektroautos könnten nicht lange in einem Stau stehen, weil die Heizung zu viel Strom verbrauchen würde, kann man allerdings getrost entkräften. Denn ein modernes Elektroauto verfügt über eine Wärmepumpe zum heizen, welche max. 0,5-1 KW in der Stunde verbraucht. Bei einem Elektroauto wie dem Kia E-Niro mit einem 64 Kwh Akku kann man also mit einem halbvollen Akku ca. 30 Stunden lang bei geheiztem Innenraum den Stau abwarten. HIER wurde ein Test dazu durchgeführt. Weitere Infos zum Thema Heizen/Klima im Elektroauto HIER.

Ein weiterer Mythos ist, dass Elektroautos bei Kälte mit Problemen zu kämpfen hätte und nicht anspringen würden. In Norwegen, wo es wesentlich härtere Winter als bei uns gibt und 2020 schon jedes zweite zugelassene Auto ein Elektroauto war, scheint das kein Problem zu sein. HIER

Die Meisten Elektroauto-Fahrer haben keine Probleme mit den Reichweiten ihrer Autos, was sich einige jedoch wünschen sind schnellere Ladezeiten. Aber auch hier hat sich in den letzten Jahren einiges verbessert.

Ein Kia E-Niro beispielsweise lädt an einem DC (Gleichstrom) Schnelllader in ca. 45 Minuten von 20% auf 80% auf HIER und HIER. Diese Ladestationen sind meist an Autobahnen zu finden. Dazu muss man sagen, dass dieses Auto "nur" eine maximale Ladeleistung von 77 kW an DC-Gleichstromladesäulen hat. Durch ein Update wurde das allerdings inzwischen verbessert HIER. Neuere Elektroautos haben inzwischen eine Ladeleistung von 100 KW und mehr (Skoda Enyaq, VW ID3, ID4). An Wechselstromladestationen (AC) sind es beim neuesten Kia-Modell maximal 10.5 KW (dreiphasige Ladung). Diese Ladesäulen stehen oftmals in den Städten in Tiefgaragen, Supermärkten und Parkplätzen.

Die neue Elektroplattform von Hyundai/Kia arbeitet mit der neuen 800 Volt-Technik (früher 400 Volt) und kann Elektroautos in 18 Minuten zu 80% aufladen. In dieser Zeit kann man 400 km Reichweite in den Akku laden. Auch sein Tesla M3 kann man an den neuen V3 Superchargern mit bis zu 250KW in ca. 20 Minuten aufladen. Video dazu HIER 

Wie man feststellen kann, sind auch Langstreckenfahrten kein Problem für Elektroautos. Ladepausen von 20-30 Minuten Pause alle 3-4 Stunden sind sogar sehr sinnvoll und ermöglichen entspanntes, stressfreies Reisen.

Warum aber lädt der Elektroauto-Fahrer bei Autobahnfahrten den Akku nur bis zu 80% auf? Sieht man sich die Ladekurve im Bild oben an, kann man feststellen, dass diese zum Ende hin drastisch abfällt und besonders die letzten 20% des Akkus sehr lange zum aufladen benötigen. Das hat seine Berechtigung und dient dazu, den Akku zu schonen und ihm eine lange Lebensdauer zu ermöglichen. HIER


Die optimale Ladegeschwindigkeit bis zur 80-Prozent-Marke lässt sich einfach ausrechnen: Ziehen Sie von 80 Prozent den aktuellen Ladestand ab (zum Beispiel 10 Prozent) und multiplizieren Sie diesen Prozentsatz mit der Nenn-Kapazität des Akkus – bei einem Nissan Leaf mit 40-kWh-Akku wären das 70 Prozent x 40 kWh = 28 kWh. Bis zur 80-Prozent-Marke muss der Akku im Beispiel also mit 28 Kilowattstunden Energie aufgeladen werden. Teilen Sie diese Energiemenge durch die nominelle Ladeleistung des Ladeanschlusses – also zum Beispiel 2,3 Kilowatt für das Schuko-Ladekabel. Im Beispiel ergibt das 12,2 Stunden Ladedauer. Für Ladeverluste (die durch die Erwärmung des Akkus beim Laden entstehen) sollten Sie noch 10 Prozent auf das Ergebnis aufschlagen: 13,4 Stunden sind hier also zu erwarten. An einer CHAdeMO-Ladestation mit 20 Kilowatt Ladeleistung dauert die 80-Prozent-Ladung eineinhalb Stunden, an einer 50-kW-Station ist das Laden in 37 Minuten möglich. HIER

Wenn man eine längere Fahrt mit dem Elektroauto plant, gibt es dafür spezielle Routenplaner (siehe Bild, Abetterroutenplaner.com), welche die Ladepausen miteinbeziehen und gleichmäßig verteilen, so dass ein entspanntes Reisen möglich wird. Man wird überrascht sein, dass die Stopps gar nicht so lang und so häufig sind wie befürchtet; und wenn man sie mit den üblichen Pausen zum Essen oder Austreten kombiniert, hat man kaum einen Zeitverlust gegenüber dem Verbrenner. Für das kleinste Fahrzeug in der Grafik, den BMW i3, benötigt man drei Ladepausen zu 25, 28 und 9 Minuten nach 1h 18min, 1h und 45min Fahrzeit für die Beispielstrecke von Frankfurt nach Leipzig.


Ein Elektroauto zu nutzen benötigt daher eine gewisse Änderung des eigenen Verhaltens: Häufiges Laden zu Hause anstatt selten an der Tankstelle, nicht Rasen, Pausen für Mensch und Fahrzeug kombinieren – dann hat man in der Praxis keine Einschränkungen und ist dafür mit viel weniger CO2-Ausstoß und ohne Lärm und Qualm unterwegs.


Das Laden eines Elektroautos


80% aller E-Auto Nutzer laden ihr Elektroauto Zuhause, einige Leute auch nur auf der Arbeit oder beim Einkaufen. Mit einem 58 kWh Akku eines ID3 kommt man ca. 344 km weit. Damit reicht den meisten Berufspendlern einmal laden pro Woche aus. Mit dem 77 kWh Akku schafft der ID3 sogar 500 km Reichweite.
Zuhause lädt man meist AC (Wechselstrom) mit den Typ 2 Stecker an einer Wallbox mit bis zu 22 KW. Er verbindet Auto und Wallbox miteinander. Meist reicht aber auch eine 11 KW Wallbox aus. Damit lädt man den Akku bequem in ca. 3 Stunden auf. Eine private 22 KW Ladestation muss ausserdem vom Energieversorger genehmigt werden, eine 11 KW Ladestation muss nur beim Versorger angemeldet werden. Es gibt inzwischen auch intelligente Wallboxen, welche z.B. nur solaren Überschussstrom von der Photovoltaikanlage ins Auto laden. Damit ist das Laden maximal günstig und umweltfreundlich.
Man kann aber auch mit einer normalen Steckdose bis 3,6 KW Ladeleistung an der Haushaltssteckdose laden. Dabei muss man aber beachten, dass der Ladestrom nur bis. ca. 10 Ampere eingestellt werden sollte, um eine Brandgefahr auszuschliessen und ein mobiles Ladegerät zu nutzen wie z.B. einen Go-e charge . Sicherer ist es allerdings, wenn man eine sogenannte CEE Steckdose installieren lässt. Diese ist bis 16 bzw. 32 Ampere Last ausgelegt. Beachten sollte man allerdings, dass eine Wallbox weniger Stromverluste hat (nur ca. 5-10%), während man bei einer normale Steckdose ca. 20% Ladeverluste hat. Was die Ladedauer betrifft: An einer normalen Steckdose kann man 40 km Reichweite in ca. 3 Stunden nachladen. Über Nacht kann man ca. 150 km Reichweite in den Akku laden.

Unterwegs lädt man an DC-Schnellladern, also Gleichstrom mit dem CCS-Anschluss. Je nach Auto kann man an 350 KW-Ladesäulen mit bis zu 150KW (stand heute) laden. Durch die neue 800 Volt Ladetechnik von Hyundai und Kia (früher 400 Volt) kann ein modernes Elektroauto heute in 18 Minuten bis zu 400 km Reichweite nachladen.
Die Preise für das Laden sind dabei recht unterschiedlich. Zuhause kostet es, je nach Stromtarif, meist um die 29 Cent, ausser man hat
einen speziellen Autostromtarifvertrag, dann kann es auch günstiger sein. Mit dem Haushaltsstrom kosten 100 km so ca. 4-5 Euro, mit Photovoltaik vom Hausdach auch nur 2-3 Euro. an Schnellladesäulen auswärts kostet die KWh ca. 39-49 Cent. Auch hier kommt es darauf an, welchen Ladeanbieter man nutzt, da es wie beim Handy ein Roamingsystem gibt. Neuerdings gibt es auch sogenannte "Ladeflatrates", wo man z.B. 49-69 Euro im Monat zahlt und unbegrenzt laden kann. HIER
Für die Wallbox zuhause kann man derzeit auch einen Zuschuss in Höhe von 900 Euro vom Staat beantragen. Voraussetzung ist, dass die Wallbox vom Energieversorger steuerbar ist und dass man Ökostrom zum laden nutzt. Wer keine Photovoltaikanlage besitzt, kann z.B. einen Ökostromtarif wählen.
Wenn man zur Miete wohnt, kann man dank des reformierten WEG-Gesetzes seit 2020 auch eine Steckdose in seiner Tiefgarage/Garage installieren lassen, selbst wenn es der Vermieter nicht möchte. Die Installationskosten muss der Mieter allerdings selbst übernehmen.


Sind die vorhandenen Stromnetze überhaupt auf die E-Mobilität vorbereitet?


Das Stromnetz wird ja mit steigender Zahl an Elektroautos kontinuierlich ausgebaut. Zugleich wird das Laden auch "intelligenter". Ladevorgänge lassen sich heute so steuern, dass sie außerhalb von Spitzenzeiten geschehen, diesen Vorgang nennt man "Laststeuerung". HIER 
Natürlich kann es zu Lastspitzen kommen, wenn alle nach der Arbeit ihr Elektroauto laden möchten, aber eine Lastensteuerung verteilt die Ladevorgänge z.B. über die Nacht. Darüber hinaus wird es mit dem weiteren Wachstum der Elektromobilität auch mehr Möglichkeiten geben um zu laden, am Arbeitsplatz, vor dem Supermarkt, bei Hotels, Restaurants oder im öffentlichen Bereich. Dadurch wird das Netz gleichmäßiger belastet werden, so dass es nicht zu Überlastungen kommt. Ich persönlich denke, dass Elektroautos und auch zukünftige elektrische Flugautos in Zukunft in 5-10 Minuten an Ultraschnellladesäulen geladen werden können (Heute in 18 Minuten). In diesem Szenario bräuchte man nicht viel mehr Ladesäulen als es heute Tankstellen gibt (ca. 15000 in Deutschland). Wer ein Haus bzw. einen Garagenstellplatz mit einer Steckdose hat, könnte aber dennoch sein Auto langsam zuhause aufladen.